Kapitel 13 - in Arbeit -




Hier sind die Rohfassungen und späteren Versionen, so lange noch daran gearbeitet wird

Kapitel 13 - in Arbeit -

Beitragvon Iru » Sa 17. Okt 2009, 12:17

Danach verließen sie das Restaurant, nahezu schweigend. Spock war immer noch angespannt. Jim dagegen fühlte sich im Bann einer dieser seltenen existentiellen Momente. Er fragte sich, wieviele seiner Empfindungen real waren, wie veränderlich die Natur eines Mannes sein konnte. Das waren keine Gedanken, die zu ihm passten. Sie erinnerten ihn an eine Zeit, als er neun Jahre alt war und seine Mutter bei ihren Besorgungen begleitete. Damals offenbarte sich ihm plötzlich seine Sterblichkeit, als er ein Insekt in die Windscheibe eines anderen Autos knallen sah..

Ich bin dieses Insekt und ich kann zerquetscht werden, hatte er mit seltener Einsicht gedacht. Einen schmerzhaften Moment lang war ihm bewusst gewesen, dass er aus Fleisch und Blut bestand, Knochen und Hirn, so vielen zerbrechlichen Dingen.

Natürlich hatte er diesen Moment kaum zwei Minuten danach hinter sich gelassen und war später nie wieder wirklich empfänglich für solche Gedanken gewesen. Aber jetzt konnte er nicht anders, als sich zu fragen, wie leicht und in welchem Unfang ein telepathisches Wesen ihn verändern konnte. Spock schien zu denken, dass es möglich war, in seinem Kopf herumzuwühlen und dort richtige Schweinereien anzustellen. Jim bezweifelte nicht, dass das passieren könnte. Aber seine Persönlichkeit so subtil zu ändern, dass er es nicht einmal bemerkte - das war eine abgefahrene Idee. Vielleicht war das der Grund, warum er so ganz und gar nicht überzeugt war von der ganzen Sache.

"Jim" sagte Spock. Aus seinen Augen sprach Unsicherheit, als sie sich wieder ins Auto setzten. Dann, sehr kurz, kam eine lange und blasse Hand und ruhte auf seinem Unterarm. Ein schneller, beruhigender Druck wurde ihm von den Fingern gewährt, bevor Spock sie eilig wieder zurückzog. "Wenn etwas nicht in Ordnung ist, werde ich es reparieren." versprach er.

Jim fragte sich, wie etwas repariert werden konnte, wenn es sich nicht kaputt anfühlte. Aber er konnte sich nicht auf diesen Gedanken konzentrieren, da ein Großteil seiner Aufmerksamkeit von der geisterhaften Empfindung von Spocks Hand auf seinem Arm und dem Nachklang seiner Finger beansprucht wurde. Er unterdrückte ein Erschauern, als er das Auto anließ, sein Fleisch kribbelte auf eine Art, die diese eine einfache Berührung nicht verursacht haben konnte. Er brauchte mehrere lange Minuten, bevor er wieder zu Spock hinüber schauen konnte.

Als er es tat, war er mehr als ein wenig überrascht. Nachdem sie sich erneut in den Verkehrsstrom eingereiht hatten, hatte Spock seine Arme wieder verschränkt und neigte seinen Kopf so, dass er an der Windschutzscheibe lehnte. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, was eine Linie zwischen ihnen entstehen ließ und sein Mund sah angespannt und unglücklich aus. Nach menschlichen Maßstäben hätte das vielleicht gewirkt, als wäre er gelangweilt und unzufrieden. Nach seinen eigenen war es fast ein Bild des Elends. Jim war sofort besorgt.

"Spock?" fragte er und als er keine Antwort bekam, sank ihm wirklich das Herz. Unsicher nahm er eine Hand vom Lenkrad und schwankte zwischen den Überlegungen, sie auszustrecken oder sie bei sich zu behalten. Erstere gewann und er berührte Spocks warme, schmale Schulter.

Was zum Teufel war passiert? War es etwas, das er gegessen hatte? Konnte er so schnell krank geworden sein? "Spock? Was ist los mit Ihnen?" drängte er.

Spock bewegte einen seiner Arme, streckte ihn aus und umfasste Jims Handgelenk. "Nicht.." sagte er, bevor er wieder verstummte. Er hielt seine Augen fest geschlossen, aber drückte sanft mit seiner Hand zu. Jim ließ ihn zuvorkommend los. Ihm stockte der Atem, als Spocks Daumen über seine nackte Handfläche strich, eine leichte Berührung, bevor sie getrennt wurden, warm und zärtlich und imaginäre Schockwellen seinen Arm hoch schickend. Er war sicher, dass es unbeabsichtigt geschah.

"Ich werde wieder zu mir selbst finden." sagte sein Erster Offizier leise. Er ballte seine Hand, bevor er sie zurück an seinen Körper zog.

Jims Augen weiteten sich, als er begriff, dass Spock gegen eine Art emotionalen Zwang kämpfte. Er war überrascht, denn er hatte ihn bisher nie so gesehen, wenn er das tat. Normalerweise bestand er dann aus Anspannung und Reserviertheit, war hochgeschlossen und verschlossen, als wenn er sich davon abhalten wollte, auf die Welt loszuschlagen. Aber jetzt war es eher so, als wollte er sich selbst davon abhalten, in etwas zu versinken.

Er sah elend aus.. er war traurig.

Was zum Teufel konnte ihn so plötzlich traurig gemacht haben?

OK, denk nach, sagte er sich selbst und ging durch, worüber sie gesprochen und was sie über den älteren Spock in Erfahrung gebracht hatten. Seine beste Vermutung war, dass Spock.. aufgebracht war, weil er anscheinend sein anderes Ich verdächtigte, etwas getan zu haben, das er moralisch abstoßend fand. Jim glaubte, dass ein Mann deswegen verzagen konnte, obwohl er ein wenig überrascht war über den plötzlichen Ausbruch und dessen Ausmaß.

"Hey Spock, hören Sie zu." sagte er und hielt Abstand, sah aber wiederholt besorgt zu seinem Ersten Offizier hinüber. "Wenn er etwas getan hat - dann ist es, das wissen Sie, nicht Ihr Fehler. Aber ich glaube nicht, dass er irgendetwas getan hat."

Seine Worte schienen den entgegengesetzten Effekt zu haben, als er beabsichtigt hatte. Spocks Kiefer verkrampfte sich und er kniff seine Augen noch mehr zusammen. Schnell nachdenkend, fuhr Jim fort.

"Sie wollten wissen, was ich vorher von ihm gedacht habe, richtig? Ich meine, ich nehme an, wenn ich - äh vergleiche - was nicht sinnvoll sein wird, aber.. er ist anders als Sie. Er ist - ich weiß nicht. Nett. Umgänglich. Nicht, dass Sie das nicht wären." fügte er schnell hinzu. "Äh obwohl, ich denke nicht, dass Sie umgänglich sind. Besonders nicht jetzt. Aber, ich mag ihn. Er scheint mich zu mögen. Er ist nicht.. nicht fordernd, oder irgendwas. Ich denke, er hatte einfach mehr Zeit alt zu werden und aufzuhören, sich darum zu kümmern, was andere Leute denken." schloss er und warf einen weiteren Blick auf Spock.

Mit einem nervösen Lecken seiner Lippen gab er zu: "Ich würde ihn auf jeden Fall mögen, Spock. Ich habe eine Schwäche für Leute, die nicht denken, dass ich Scheiße bin. [I’m a sucker for people who think I’m the shit]. Dann entschied er sich impulsiv noch einen letzten Gedanken einzuwerfen. "Was, wenn Sie darüber nachdenken, nicht erklärt, warum ich Sie so sehr mag, da Sie beide so verschieden sind." Obwohl - nicht zu verschieden - aber das würde er nicht laut aussprechen. "Wenn er meinen Geist geändert hat, damit ich, Sie wissen schon, mehr wie dieser andere Jim werde, der mit ihm zusammen war und Sie können den Typen nicht mal verstehen, warum sollte ich dann Sie beide mögen?"

Spock bewegte sich ein wenig, und Jim hielt es für möglich, dass er nicht einmal zugehört hatte. Aber dann machte er einen langen, tiefen Atemzug. "Ich weiß es nicht." gestand er und seine Stimme war ein wenig fester als sie zuvor gewesen war. "Aber wenn Sie auf eine bestimmte Weise verändert wurden, dann ist es wahrscheinlich, dass die Rücknahme dieser Veränderungen auch jede.. Vorliebe, die Sie für einen von uns haben, rückgängig macht. Ich bezweifle, dass Sie mich hinterher noch 'mögen' werden."

Jim schaute auf die Straße. Dann schaute er zurück zu Spock. Dann schaute er wieder auf die Straße.

Nein. Auf keinen Fall.

Es konnte nicht so einfach sein, oder? Aber.. er hatte nicht so einen starken Einfluss auf Spock. Nicht so stark, dass die Vorstellung, Jim könnte ihn nicht mehr mögen, ihn so traurig machen könnte.

Andererseits wusste er, dass Spock nicht viele Freunde hatte.Vielleicht war es eine Kombination verschiedener Dinge? Denn wenn es nur die Vorstellung von seiner Abneigung war, die Spock so erschütterte, denn wusste er nicht recht, was er damit anfangen sollte oder mit der Art, wie sein Herz sich anfühlte, als würde es sich direkt durch seinen Brustkorb hämmern und auf dem Armaturenbrett landen.

"Hey" sagte er "Ich mochte Sie anfangs nicht."

Vielleicht war das nicht der beste Start. Zumindest hatte Spock ein Auge aufgerissen, um ihn anzuschauen und Jim entschied hastig, sich ein wenig besser zu erklären. "Ich meine, wenn ich Sie automatisch mögen würde, weil das andere Sie mich - ich weiß nicht - anders gemacht hat und freundlich zu Ihnen und so ein Zeug, hätte das dann nicht gleich angefangen, nachdem ich Delta Vega verlassen habe?" argumentierte er und zwang seine Aufmerksamkeit einen Moment lang wieder auf den Verkehr, um zu verhindern, dass sie in ein anderes Auto krachten. "Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, Spock, aber ich kam nicht gerade angelaufen und habe Sie umarmt."

Eine angespannte Stille breitete sich im Auto aus. Jim bewegte sich unruhig hin und her, als ihn plötzlich das gedankliche Bild überfiel, wie er seine Arme um Spock schlang.

"Wie auch immer" fuhr er fort und zwang den Tiger der unwillkommenen Anziehungskraft zurück in seinen Käfig. "Ich glaube nicht, dass ich plötzlich aufhören werde, Sie zu mögen.. Kumpel." Das letzte Wort war ungeschickt hinterher geschoben - der energische Versuch, eine Art Barriere zwischen ihm selbst und den unbestreitbaren Gefühlen in seinen Worten aufzubauen.

Er zuckte zusammen. Verdammt. All diese Gerede vom "Mögen" anderer Leute führte dazu, dass er sich wie in der dritten Klasse fühlte, wo Judith Anne ihn frage, ob er sie "richtig mögen" würde.

Zumindest damals war die Antwort ein empathisches "Nein." gewesen.

Spocks Hände verkrampften und lockerten sich kurz hintereinander. Aber das war eine Zeit lang die einzige Reaktion, die von ihm kam. Verblüfft dachte Jim, dass es wohl das beste wäre, wenn er ihn an diesem Punkt in Ruhe ließe. Er hoffte, dass er sich eben nicht zum Idioten gemacht hatte und schaltete das Radio an.

Er war noch nie eine besonders musikalische Person gewesen. Aber Spock war es. So suchte er einen Sender heraus, der diese langen, langweiligen Instrumentalstücke spielte, die Genies angeblich bevorzugen und konzentrierte sich aufs Fahren. Unglücklicherweise war das Navi außer Betrieb und so musste er sich mehr als bisher umschauen und orientieren. Eine interne Litanei über seinen lausigen Orientierungssinn begann. Den brauchte man nicht im Weltraum, dort war das eine eine rein akademische Frage. Aber auf den verzweigten Straßen des Nahverkehrs und Transits eines geschäftigen Planeten wie der Erde? Das war eine ganz andere Geschichte.

"Nicht nach links abbiegen" sagte Spock plötzlich und Jim erschrak sich fast zu Tode, bevor seine Bewegungen dem sanft vorgebrachten Vorschlag folgten.

Er schaute zu seinem Ersten Offizier hinüber. Spock saß nun wieder aufrecht und sah gefasster aus, obwohl er im Großen und Ganzen noch immer sehr verzagt wirkte. "Wir wären gezwungen, noch eine Runde im Kreis zu fahren, wenn Sie es täten. Bleiben Sie auf dieser Straße."

Gut. Er hatte die Karte gelesen und er hatte das perfekte Gedächtnis. Jim zuckte mit den Schultern und folgte ihm.

"Wie fühl.. äh fühlen Sie sich nicht?" fragte er, sich schnell korrigierend. Er glaubte, ein schwaches Zucken an Spocks Mundwickeln zu entdecken.

"Meine Gefühle bereiten mir große Unannehmlichkeiten" räumte er ein. "Es ist.. unerfreulich. Ich finde es zwingend notwendig, dass ich meine Selbstkontrolle so schnell wie möglich wieder erlange."

Jim widerstand dem Drang zu schnauben. "Ja, ja, ich weiß das alles." sagte er. "Ich meine, gerade jetzt. Sind Sie" er unterbrach sich kurz, um eine vage Handbewegung zu machen "OK?"

Für eine Weile herrschte eine sehr bedeutungsvolle Stille.

".. Nein." Spocks Stimme war so leise, fast beschämt, und sie klang müde.

Es fühlte sich an, als wenn jemand Jim in den Magen geboxt hätte.

Ihm fiel nichts ein, was er dazu sagen konnte. Spock war nicht in Ordnung, sie beide wussten es. Aber der Halb-Vulkanier hatte seine gewohnte Selbstbeherrschung nach und nach wiedererlangt und Jim fuhr weiter. Er kämpfte mit sich, ob er ihm den Freiraum geben sollte, den er brauchte oder versuchen sollte, ihn zu beruhigen, was bis jetzt nicht funktioniert hatte.

"Es wird mir wieder besser gehen" behauptete Spock schließlich, als wenn er Jims Gedanken lesen konnte. Oder vielleicht er hatte einfach die wiederholten, besorgten Blicke bemerkt, die ihn trafen. "Sie sollten Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten."

Es kam Jim in den Sinn, dass die häufigen Blicke dazu führten, dass sein Freund sich unbehaglich fühlte. Er zwang sich, damit aufzuhören. Für den Rest der Fahrt redeten sie nicht mehr, außer wenn Spock ihm die Richtung ansagte oder ihn daran hinderte, sich zu verfahren.

Sie kamen frühzeitig an, wie es Jim versprochen hatte, auch wenn es ohne Shuttle noch immer eine viel längere Fahrt gewesen war. Das Sonnenlicht begann gerade erst zu schwinden, als die Gegend vertrauter wurde und sie sich dem hektischen Verkehrsknotenpunkt San Francisco näherten. Etwas in Spock schien sich zu lösen, als sie in den Bereich bekannter Orientierungspunkte kamen - eine Leichtigkeit, entstanden durch den Trost, an einem Ort zu sein, den man kennt. Er vermutete, dass es nicht mehr viele bekannte Plätze gab, zu denen Spock zurückkehren konnte.

"Hey, wollen Sie etwas mit mir unternehmen?" bot er an. "Ich kenne viele gute Plätze.." seine Worte verhallten, als ihm einfiel, dass die meisten ihm bekannten "Plätze" wahrscheinlich nicht für einen Vulkanier mit emotionalen Problemen geeignet waren.

Spock sah ihn geduldig an. "Ich glaube, es wäre klüger, meine Zeit mit Erholung und Meditation zu verbringen." erörterte er.

"Richtig" stimmte Jim mit einem unbehaglichen Nicken zu. Dann räusperte er sich. "So, äh.. möchten Sie Gesellschaft haben? Beim Meditieren?" Er zuckte zusammen. Großartig - die Frage war nicht nur dumm und konnte leicht als "Ach komm schon" interpretiert werden, sondern er hatte nicht mal vorgehabt, sie auszusprechen. Es war einfach aus ihm rausgeplatzt.

"Das wäre nicht ratsam" antwortete Spock. Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. "Jim, Sie verstehen sicher, dass wir lieber den Umgang miteinander vermeiden sollten? Wenn mein anderes Ich an Ihnen herumgepfuscht hat, könnte meine Anwesenheit logischerweise solche Veränderungen verschlimmern."

Es trat eine Pause ein und seine Worte sanken in den Raum zwischen ihnen.

Jim blickte ihn an.

"Versuchen Sie mich loszuwerden?" fragte er. Spocks Augen weiteten sich ein wenig. "Dann brauchen Sie nicht nach passenden Entschuldigungen zu suchen, um mir zu sagen, dass ich mich verpissen soll. Wenn Sie meine Gesellschaft nicht mögen, sagen Sie es einfach." Seine Finger umschlossen fest das Lenkrad, was seinen Ärger zeigte. Aber vor allem war er genervt.

"Das ist nicht das Problem" beharrte Spock. "Ich versuche nur zu verhindern, dass Sie verletzt werden."

Nun wurde er ein wenig sauer. Er konnte sich nicht helfen - es war verletzend, dass Spock zu denken schien, er könnte ihn problemlos in kleine Stücke schlagen. Ob es nun wirklich der Wahrheit entsprach oder nicht. "Oh, ich verstehe" sagte er und kämpfte darum, dass seine Genervtheit nicht in richtige Wut umschlug. Aber er konnte eine gewisse Schärfe nicht aus seiner Stimme halten. "Sie denken, ich kann mich nicht um mich selbst kümmern. Oder vielleicht kann ich nicht für mich selbst denken, ich nehme an, das macht Sinn - ich bin ja nur ein Mensch, letzten Endes. Kein scharfer vulkanischer Verstand, oder stählerner vulkanischer Griff, der mir aus Schwierigkeiten raushilft, wenn etwas passiert, richtig? Neeein, ich muss mich bewaffnen und wegbleiben und werde von einem alten Mann in einer Höhle durcheinander gebracht."

"Jim-"

"Nein, ich habe genug von dem Scheiß!" beharrte er, Spock sofort unterbrechend. "Wenn Sie mich nicht um sich herum haben wollen, fein. Sagen Sie es und ich bin weg. Aber solange das nicht der Fall ist, können wir wenigstens genug Scheiß-Vertrauen in mich setzen, dass ich meinen eigenen Verstand kenne und meine eigenen Entscheidungen treffen kann und wenn ich Zeit mit Ihnen verbringen will, verdammt nochmal, dann weil ich Zeit mit Ihnen verbringen will?"

Das war vermutlich mehr Gebrüll, als er an Spock richten sollte. Besonders unter Berücksichtigung all der Faktoren und dem ganzen "Lass mich ihn nicht verärgern"-Beschluss, zu dem er vor einer Weile gekommen war. Aber verdammt, es hatte sich gut angefühlt, das mal rauszulassen. In Wirklichkeit hatte Jim nicht das Selbstvertrauen, das erforderlich war, um diese Art emotionales Ping-Pong zu spielen - nicht, wenn es darauf ankam.

"Es gibt keinen logischen Grund für Sie, meine Gesellschaft zu genießen" antwortete Spock, eher ruhig und müde als ärgerlich. "Aber es gibt viele logische Gründe für Sie, sie zu vermeiden."

Jim sah ihn lange an.

"Ist Ihnen bewusst, " fragte er nach einer Minute. "Wie irre das klingt?"

Spock blinzelte. Jim fuhr fort.

"Sie versuchen, vulkanische Logik auf eine menschliche emotionale Reaktion zu übertragen. Vulkanische Logik basiert auf der Annahme, dass Emotionen kein entscheidender Faktor sind. Aber ich unterdrücke meine Gefühle nicht." Gut, jedenfalls die meisten. "Daher wäre es dumm für mich, so zu denken." Dann, als Zugabe, ergänzte er: "Sie sind Wissenschaftler. Sie wissen, dass wenn man relevante Faktoren aus einer Gleichung weglässt, die Ergebnisse fehlerhaft sein werden."

Eine nachdenkliche Stille senkte sich über sie.

Nun, da er Dampf abgelassen hatte, fühlte sich Jim ein wenig erleichtert, trotz seiner Besorgnis, alles vermasselt zu haben. Spock schwieg. Er sah nicht mal aus dem Fenster, als Jim sie näher an das Zentrum aus Kommerz, Unterkünften und Betriebsamkeit brachte, welches das Hauptquartier der Sternenflotte umgab. Sein Blick verharrte fest und nachdenklich auf den eignen Händen, selbst als sie achso vertraute Straßen hinunterfuhren.

Erst als sie mit dem unangenehmen Vorgang begannen, einen passenden Parkplatz in der Nähe der Akademiegebäude zu suchen, schien Spock in die Realität zurückzukehren und dann auch nur, um seine scharfe Beobachtungsgabe als Einparkhilfe zu nutzen. Jim versuchte, nicht zu nervös zu sein wegen der ganzen Sache. Er hatte nicht viel Erfolg damit.

Als sie schließlich einen passenden Platz fanden und er den Motor ausgeschaltet hatte, lehnte sich Jim zurück und blieb einfach noch ein wenig sitzen. Seine Kehle war trocken und fühlte sich unangenehm an, obwohl sie einige Male auf dem Weg angehalten hatten, um ihn zu rehydrieren. Vermutlich lag es an all seinem Gerede.

Er sprang fast auf vor Schreck, als Spocks Hand sich auf seinen Arm legte. "Ich habe nichts gegen Ihre Gesellschaft einzuwenden." sagte er einfach, die Berührung so schnell zurückziehend, wie er sie gewährt hatte. Jim schluckte hart und öffnete seinen Mund um zu antworten, aber Spock hatte das Auto schon verlassen. Schnell stieg er ebenfalls aus. Die dunklen Augen seines Ersten Offiziers blickten kurz in seine Richtung, bevor er sich zum Hauptgebäude begab, das immer noch von den Aktivitäten der Studenten und Sternenflottenangestellten überquoll. Jim schloss zu ihm auf und passte sein Tempo an, so dass sie im Gleichschritt gingen.

"Also, das ist alles?" fragte er. "Einfach nur - keine Einwände?"

Spock sah ihn an und Jim machte einen Versuch, die Stimmung aufzulockern. "Weil, ich meine, man hat von Leuten gehört, die um meine Gesellschaft gekämpft haben." führte er aus und legte ein wenig Stolz in seine Schritte und ein arrogantes Grinsen auf sein Gesicht. "Meistens Frauen und meistens in Schlammgruben, aber es gab ein paar Ausnahmen."

Hoch ging die Augenbraue.

Ha! Sieg! Dachte Jim. Endlich hatte er etwas anderes als niedergeschlagene Trübsal oder erzwungene Neutralität bewirkt. Sein Grinsen verstärkte sich.

"Ich meine, nur damit Sie Bescheid wissen: Sie werden wahrscheinlich an einem bestimmten Punkt gegen Bones antreten müssen. Er hat seit langer Zeit ein Monopol an der ganzen "Bester-Freund"-Front. Ich glaube nicht, dass er mich teilen wird - es ist eine gute Stellung."

Obwohl es bessere Stellungen gibt, führte seine Libido nicht sehr hilfreich an. Er stolperte fast.

"Ich habe nicht die Absicht, mit Dr. McCoy zu kämpfen." antwortete Spock, wobei er fröhlicher aussah als seit einer ganzen Weile. "Er ist ein intelligenter Mann mit Hochachtung gegenüber der physischen Gesundheit. Ich denke, dass er aufgeben wird, bevor es dazu kommt."

Dieses Mal stolperte Jim wirklich.

Glücklicherweise schloss sich eine Hand um seinen Arm, fing ihn auf, bevor er zu Boden ging und zog ihn geschickt wieder auf die Füße. Die einzige wirkliche Konsequenz war, dass ihm kurz die Luft weg blieb. Dann sah er auf und fand Spock dicht neben sich stehend und ihn aufmerksam musternd.

"Unbeholfenheit ist untypisch für Sie" bemerkte Spock ernst. "Ihnen ist immer noch unwohl."

"Mir geht es gut." behauptete Jim.

"Tut es nicht." entgegnete sein Erster Offizier hartnäckig.

"Ich bin gestolpert! Sowas passiert!"

"Ich habe Ihre Bewegungen vorher beobachtet. Sie haben eine gute Koordination." sagte Spock, der nicht gewillt war nachzugeben, obgleich er Jims Arm losgelassen hatte. "Wir werden uns Zimmer nehmen, ich empfehle Ihnen, sich auszuruhen."

Ein wenig murrend folgte ihm Jim, als er wieder weiterging und ignorierte dabei die neugierigen Blicke und gelegentliches Geflüster der Passanten. Zumindest hier an der Akademie und im Hauptquartier erkannten die Leute Spock in dem Maße an, wie sie es bei ihm selbst taten. Und sie wussten es besser, als sie beide anzusprechen.

Sobald sie drinnen ankamen, wies Spock Jim an sich hinzusetzen, während er die nötigen Formalitäten erledigte. Die Sternenflotte bot all seinen erdgebunden Offizieren [Earthbound officers] Unterkünfte in ihren Einrichtungen an, aber es konnte beengt werden, besonders wenn ein großes Schiff wie die Enterprise landete. Manchmal dauerte es eine Weile, bis alles geregelt war. Obwohl er es nicht zugegeben hätte, war Jim auf eine gewisse Art dankbar, der Eintönigkeit dieser Dinge zu entgehen, sogar Herumsitzen schien viel besser als das. Er hatte nicht geglaubt, müde zu sein, aber als er sich erstmal entspannt hatte, ruhig, mit nichts, das seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, da begann er sich schwer und erschöpft zu fühlen. War es wirklich an diesem Morgen gewesen, dass er einige Male vergiftet worden war? Es fühlte sich an, als wäre es ein Jahrzehnt her.

Er lehnte sich in die weichen Polster des Sessels, atmete tief durch und ließ seine Augen zufallen. Morgen früh musste er wieder die Fortschritte auf dem Schiff kontrollieren. Vielleicht konnte er das auf regulärem Weg umgehen, indem er einfach Scotty kontaktierte - er wusste, dass der junge Ingenieur die Abläufe genauer überwachen würde als irgendjemand sonst. Aus irgendeinem Grund hatte er ein großes persönliches Interesse an der Enterprise entwickelt. Nicht, dass Jim sich beschweren würde, der Typ war ein Genie und außerdem lustig, wenn er betrunken war.

Seine Gedanken schweifen für eine Weile ab und er schwebte an der Grenze des Bewusstseins, nicht recht willens, einfach einzuschlafen, wo er gerade saß. Aber er war nahe genug dran. Es war nicht gerade sehr angenehm. Sein Verstand wurde von der Müdigkeit zerlegt, aber es war ihm zu peinlich, so in der Öffentlichkeit einzuschlafen.

"Jim" hörte er schließlich und kämpfte sich aus dem Halbschlaf hoch. Er fand Spock, der auf ihn hinunterschaute, die Augenbrauen zusammengezogen. "Ich habe uns eine Unterkunft beschafft. Wir wurden gebeten, uns eine zu teilen, entschuldigen Sie bitte."

Jim winkte ab, stand auf und strich mit einer Hand verschlafen über sein Gesicht. "Das stört mich nicht." versicherte er ihm.

Jetzt, wo er es sich erlaubt hatte zu entspannen, schien er sein vorheriges Niveau der Wachheit nicht wieder erreichen zu können. So folgte er einfach Spock, der nun seinerseits anfing, besorgte Blicke in seine Richtung zu schicken.

"Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Brauchen Sie keine medizinische Hilfe?" fragte Spock schließlich und stand näher bei ihm, als er es im allgemeinen tat. Jim winkte ab.

"Ich bin OK." versicherte er. "Nur erschöpft."

Glücklicherweise schien sein sein Erster Offizier diese Versicherung zu akzeptieren. Jim wollte sich nicht einmal vorstellen, wie es wäre, jetzt noch mehr Ärzte ertragen zu müssen. Als sie ihre Unterkunft erreicht hatten, war er ziemlich erleichtert und nahm sich die Zeit, ein Glas Wasser für sich zu holen, bevor er irgendetwas anderes tat.

Die Räume waren Standard, nicht vollkommen anderes als die, die man auf Schiffen der Sternenflotte vorfindet. Es gab einen Raumteiler, der zwei schmale Betten voneinander trennte, ein winziges Bad und ein Wohnzimmer mit einem Tisch und ein paar Sesseln. Ein langes, ovales Fenster zog sich über eine Wand und ein paar Grünpflanzen standen herum, aber ansonsten hatte dieser Ort absolut keine Persönlichkeit. Typischer Regulierungskram, doch auf eine Weise vertraut, die ihn seine Kabine auf der Enterprise vermissen ließ. Es würde schön sein, dorthin zurückzukehren.

Er leerte sein Glas und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Spock seine Tasche auf den Tisch stellte und anfing, alles durchzugehen. "Ich werde meditieren, während Sie sich ausruhen. Bitte informieren Sie mich, wenn ich Sie störe." sagte er.

"Das Gleiche gilt für Sie." antwortete Jim, der von dem älteren Spock wusste, dass sogar seine Atemgeräusche ablenkend sein konnten, unter den richtigen Umständen. Er zog schnell eine Schlafanzughose an, unglaublich verlegen, sich im selben Raum wie sein Erster Offizier umzuziehen - obwohl Spock sogar praktischerweise in eine andere Richtung schaute - und fiel dann auf eines der schmalen, harten Standardbetten. Er schloss seine Augen, atmete tief durch und erwartete, sofort einzuschlafen.

Aber er tat es nicht. Nicht ganz. Stattdessen riss er ein Auge auf und beobachtete, wie Spock seine Kerzen anzündete und sie in der Unterkunft aufstellte, das Licht dimmte und sich der sanfte Schein des Feuers überall ausbreitete. Dann ging er zu der anderen Seite des Raums und setzte sich hin, die Beine verschränkend und die Hände ineinander verpflechtend, so dass seine Zeigefinger und Daumen sich berührten. Sie waren ausgestreckt, während die übrigen Finger sich umschlangen. Jim erkannte die Anordnung wieder, obwohl er sich nicht erinnern konnte, was sie symbolisieren sollte oder wusste, warum Spock diese statt einer anderen auswählte.

Der angenehme, rauchige Duft der Kerzen drang in seine Nase und war seltsam beruhigend. Er nahm an, dass er nun verstehen konnte, wofür sie dienten. Der andere Spock hatte auch erwähnt, dass er gern in der Nähe von Springbrunnen meditierte.

Der Gedanke an den anderen Spock ließ ihn kurz frösteln. Er würde ihm eine weitere Nachricht schicken müssen. Obwohl er im Gegensatz zum jüngeren Spock nicht bereit war, einfach anzunehmen, dass der alte Mann mit Lügen nur so um sich warf, wollte er doch wissen, warum er getäuscht worden war.

Obwohl er nicht wusste, ob er in der Lage war, eine Frage wie "He, könnte es eventuell sein, dass Sie mir eine neue Persönlichkeit verpasst haben?" zu bringen. Vielleicht überließ er dieses Mal lieber Spock dem Jüngeren das Feld, zumal es vor allem dessen verrückte Theorie war. Tatsächlich erschien ihm der Gedanke, die beiden miteinander sprechen zu lassen, als eine immer bessere Idee. Vorausgesetzt, sein Spock war bereit, die Worte des Älteren für bare Münze zu nehmen.

He, mein Spock, dachte er schläfrig, amüsiert darüber, das Possessivpronomen benutzt zu haben. Dann gab er sich eine gedankliche Backpfeife. Er musste wirklich damit aufhören. Vielleicht sollte er einfach noch mal mit jemand anderem schlafen? Er hatte bereits versucht, es aus seinem System rauszukriegen, aber er musste zugeben, dass das nicht gerade der beste Sex seines Lebens gewesen war. Nicht, dass er viel darauf gab. Es wird nachlassen, versicherte er sich selbst. Bestimmt würde der Punkt kommen, wo er es so gewöhnt war, Spock zu sehen, dass er nicht mal mehr an seine physische Beschaffenheit denken würde.

Allerdings arbeiteten sie seit Monaten zusammen und hatten kürzlich noch mehr Zeit miteinander verbracht..

Er hielt inne und bewegte sich etwas unter seine Decke, während er darüber nachdachte. Demnach sollte er eigentlich schon an Spock gewöhnt sein. Außer er war sich erst kürzlich Spocks bewusst geworden, was sehr seltsam wäre, entschied er, weil er normalerweise als erstes die Attraktivität einer Person bemerkte und später dann alles andere. Wie mit Uhura - damals in der Bar war sie ein hübsches Mädchen. Aber nun war sie Uhura und daher war sie nicht länger an erster und wichtigster Stelle ein hübsches Mädchen, obwohl sich an ihrem Aussehen nichts geändert hatte. Jim kannte sie nun besser und so hatte sein Interesse an ihrer Attraktivität die Koffer gepackt und sich davongemacht.

Bei Spock dagegen war es so, dass er ihn erst kennengelernt hatte und dann begann, ihn attraktiv zu finden.

Also was zum Teufel hatte das zu bedeuten?

.. Nein ernsthaft, was zum Teufel? Das war ja wie im Verkehrte-Welt-Wahnsinn. [backwards-land madness]

Nun, da ihn etliche Fragen quälten, die ihn nicht mehr loslassen wollten, sah sich Jim nicht in der Lage, seinen Verstand soweit runterzufahren, dass er ihn schlafen ließ. So streckte er sich müde in einem seltsamen, aber bequemen Winkel aus und begnügte sich damit, Spock beim Meditieren zuzuschauen. Was im wesentlichen einfach nur bedeutete, Spock ruhig dasitzen zu sehen. Trotzdem war es irgendwie angenehm, sich im selben Raum zu entspannen, ruhig und friedlich. Seine Atmung wurde gleichmäßiger und er überlegte, was wohl gerade im Kopf seines Ersten Offiziers vor sich ging.

Gewöhnlich war der erste Schritt, die Gedanken und Gefühle das Tages zusammenzutragen, sowie zu beurteilen, was seine Schilde durchbrochen hatte, woher es kam und es dann ruhig in eine abgelegene Ecke seines Geistes zu packen. Er würde sich auf etwas fokussieren - früher Vulkan, nun wahrscheinlich die Erde - eine stabile Form, ein Anker für sein Bewusstsein. Dann würde er seine physische Analyse durchführen, den Status seines Körpers austesten, seine Muskeln und Organe und die Unzahl komplexer physischer Prozesse, die jedes Lebewesen aufwies. Jim fragte sich, wie es war, sich seiner selbst so bewusst zu sein. Er stellte es sich ein wenig gruselig vor, aber andererseits war es normal für Vulkanier. Vielleicht fand es Spocks menschliche Hälfte ein wenig gruselig, aber wurde von seinen vulkanischen Wesensanteilen überstimmt?

Er bemerkte, wie seine Augen anfingen zuzufallen. Wahrscheinlicher war, dass er sich einfach daran gewöhnt hatte. Auf eine gewisse Art, mal abgesehen von dem Gruselfaktor, war es bestimmt auch irgendwie beruhigend. Diesen Grad an Kontrolle zu besitzen. Diesen Grad an Einsicht in sich selbst.

Doch andererseits setzte das einen recht hohen Standard. Was tat man, wenn der Verlust der eigenen Kontrolle einem Angst einjagte, aber diese Angst wiederum ein Zeichen des Kontrollverlusts war? Jim persönlich hatte nichts gegen Emotionen. Wenn Spock sich entschieden hätte, dass er sich nicht mehr so sehr an die Standards seines Volks halten wollte, es würde ihn nicht stören - tatsächlich würde er ihn dabei sogar unterstützen. Aber das war nicht die Frage, oder? Wenn er seine Kontrolle verlor, dann war es genau das. Ein Verlust der Kontrolle. Er war nicht mehr er selbst. Er tat Dinge, die er normalerweise nicht tun würde, wenn er die Willenskraft gehabt hätte, seine Emotionen auszuschalten und das, dachte Jim, war ein wichtiger Punkt. Spocks Wille - Gefühle oder keine.

Ich denke zu viel, entschied er und gab endlich dem Drängen seines Körpers nach und fiel trotz der frühen Stunde in einen anständigen Nachtschlaf.

Als er aufwachte, lag ein Phaser auf dem Nachttisch neben ihm.
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von Anzeige » Sa 17. Okt 2009, 12:17

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Re: Kapitel 13 - in Arbeit -

Beitragvon readonly1956 » So 18. Okt 2009, 12:08

Danach verließen sie das Restaurant, nahezu schweigend. Spock war immer noch angespannt. Jim dagegen fühlte sich im Bann einer dieser seltenen existentiellen Momente. Er fragte sich, wieviele seiner Empfindungen real waren, wie veränderlich die Natur eines Mannes sein konnte. Das waren keine Gedanken, die zu ihm passten. Sie erinnerten ihn an eine Zeit, als er neun Jahre alt war und seine Mutter bei ihren Besorgungen begleitete. Damals offenbarte sich ihm plötzlich seine Sterblichkeit, als er ein Insekt in die Windscheibe eines anderen Autos knallen sah...

Ich bin dieses Insekt und ich kann zerquetscht werden, hatte er mit seltener Einsicht gedacht. Einen schmerzhaften Moment lang war ihm bewusst gewesen, dass er aus Fleisch und Blut bestand, Knochen und Hirn, so vielen zerbrechlichen Dingen.

Natürlich hatte er diesen Moment kaum zwei Minuten danach hinter sich gelassen und war später nie wieder wirklich empfänglich für solche Gedanken gewesen. Aber jetzt konnte er nicht anders, als sich zu fragen, wie leicht und in welchem Unfang ein telepathisches Wesen ihn verändern konnte. Spock schien zu denken, dass es möglich war, in seinem Kopf herumzuwühlen und dort richtige Schweinereien anzustellen. Jim bezweifelte nicht, dass das passieren könnte. Aber seine Persönlichkeit so subtil zu ändern, dass er es nicht einmal bemerkte - das war eine abgefahrene Idee. Vielleicht war das der Grund, warum er so ganz und gar nicht überzeugt war von der ganzen Sache.

"Jim," sagte Spock. Aus seinen Augen sprach Unsicherheit, als sie sich wieder ins Auto setzten. Dann, sehr kurz, kam eine lange und blasse Hand und ruhte auf seinem Unterarm. Ein schneller, beruhigender Druck wurde ihm von den Fingern gewährt, bevor Spock sie eilig wieder zurückzog. "Wenn etwas nicht in Ordnung ist, werde ich es reparieren," versprach er.

Jim fragte sich, wie etwas repariert werden konnte, wenn es sich nicht kaputt anfühlte. Aber er konnte sich nicht auf diesen Gedanken konzentrieren, da ein Großteil seiner Aufmerksamkeit von der geisterhaften Empfindung von Spocks Hand auf seinem Arm und dem Nachklang seiner Finger beansprucht wurde. Er unterdrückte ein Erschauern, als er das Auto anließ, sein Fleisch kribbelte auf eine Art, die diese eine einfache Berührung nicht verursacht haben konnte. Er brauchte mehrere lange Minuten, bevor er wieder zu Spock hinüber schauen konnte.

Als er es tat, war er mehr als ein wenig überrascht. Nachdem sie sich erneut in den Verkehrsstrom eingereiht hatten, hatte Spock die Arme wieder verschränkt und neigte den Kopf so, dass er an der Windschutzscheibe lehnte. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, was eine Linie zwischen ihnen entstehen ließ und sein Mund sah angespannt und unglücklich aus. Nach menschlichen Maßstäben hätte das vielleicht gewirkt, als wäre er gelangweilt und unzufrieden. Nach seinen eigenen war es fast ein Bild des Elends. Jim war sofort besorgt.

"Spock?" fragte er und als er keine Antwort bekam, sank ihm wirklich das Herz. Unsicher nahm er eine Hand vom Lenkrad und schwankte zwischen den Überlegungen, sie auszustrecken oder sie bei sich zu behalten. Erstere gewann und er berührte Spocks warme, schmale Schulter.

Was zum Teufel war passiert? War es etwas, das er gegessen hatte? Konnte er so schnell krank geworden sein? "Spock? Was ist los mit Ihnen?" drängte er.

Spock bewegte einen seiner Arme, streckte ihn aus und umfasste Jims Handgelenk. "Nicht..." sagte er, bevor er wieder verstummte. Er hielt die Augen fest geschlossen, aber drückte sanft mit seiner Hand zu. Jim ließ ihn zuvorkommend los. Ihm stockte der Atem, als Spocks Daumen über seine nackte Handfläche strich, eine leichte Berührung, bevor sie getrennt wurden, warm und zärtlich (sanft oder zart) und imaginäre Schockwellen seinen Arm hoch schickend. Er war sicher, dass es unbeabsichtigt geschah.

"Ich werde wieder zu mir selbst finden.", sagte sein Erster Offizier leise. Er ballte seineHand, (Seine freie Hand krampfte sich zusammen/ballte sich zur Faust), bevor er sie zurück an den Körper zog.

Jims Augen weiteten sich, als er begriff, dass Spock gegen eine Art emotionalen Zwang kämpfte. Er war überrascht, denn er hatte ihn bisher nie so gesehen (denn bisher hatte er nie so ausgesehen), wenn er das tat. Normalerweise bestand er dann aus Anspannung und Reserviertheit, war hochgeschlossen und verschlossen, als wenn er sich davon abhalten wollte, auf die Welt loszuschlagen. Aber jetzt war es eher so, als wollte er sich selbst davon abhalten, in etwas zu versinken.

Er sah elend aus... er war traurig.

Was zum Teufel konnte ihn so plötzlich traurig gemacht haben?

OK, denk nach, sagte er sich selbst und ging durch, worüber sie gesprochen und was sie über den älteren Spock in Erfahrung gebracht hatten. Seine beste Vermutung war, dass Spock... aufgebracht war, weil er anscheinend sein anderes Ich verdächtigte, etwas getan zu haben, das er moralisch abstoßend fand. Jim glaubte, dass ein Mann deswegen verzagen konnte, obwohl er ein wenig überrascht war über den plötzlichen Ausbruch und dessen Ausmaß.

"Hey Spock, hören Sie zu.", sagte er und hielt Abstand, sah aber wiederholt besorgt zu seinem Ersten Offizier hinüber. "Wenn er etwas getan hat - dann ist es, das wissen Sie, nicht Ihr Fehler. Aber ich glaube nicht, dass er irgendetwas getan hat."

Seine Worte schienen den entgegengesetzten Effekt zu haben, als er beabsichtigt hatte. Spocks Kiefer verkrampfte sich und er kniff seine Augen noch mehr zusammen. Schnell nachdenkend, fuhr Jim fort.

"Sie wollten wissen, was ich vorher von ihm gedacht habe, richtig? Ich meine, ich nehme an, wenn ich - äh vergleiche - was nicht sinnvoll sein wird, aber... er ist anders als Sie. Er ist - ich weiß nicht. Nett. Umgänglich. Nicht, dass Sie das nicht wären," fügte er schnell hinzu. "Äh obwohl, ich denke nicht, dass Sie umgänglich sind(sich wohl in Ihrer Haut fühlen). Besonders nicht jetzt. Aber, ich mag ihn. Er scheint mich zu mögen. Er ist nicht... nicht fordernd, oder irgendwas. Ich denke, er hatte einfach mehr Zeit ,alt zu werden und aufzuhören, sich darum zu kümmern, was andere Leute denken.", schloss er und warf einen weiteren Blick auf Spock.

Mit einem nervösen Lecken seiner Lippen gab er zu: "Ich würde ihn auf jeden Fall mögen, Spock. Ich habe eine Schwäche für Leute, die denken, dass ich der Größte bin. ([I’m a sucker for people who think I’m the shit]. Dann entschied er sich impulsiv, noch einen letzten Gedanken einzuwerfen. "Was, wenn Sie darüber nachdenken, nicht erklärt, warum ich Sie so sehr mag, da Sie beide so verschieden sind." Obwohl - nicht zu verschieden - aber das würde er nicht laut aussprechen. "Wenn er meinen Geist geändert hat, damit ich, Sie wissen schon, mehr wie dieser andere Jim werde, der mit ihm zusammen war und Sie können den Typen nicht mal verstehen, warum sollte ich dann Sie beide mögen?"

Spock bewegte sich ein wenig, und Jim hielt es für möglich, dass er nicht einmal zugehört hatte. Aber dann machte er einen langen, tiefen Atemzug. "Ich weiß es nicht.", gestand er und seine Stimme war ein wenig fester als sie zuvor gewesen war. "Aber wenn Sie auf eine bestimmte Weise verändert wurden, dann ist es wahrscheinlich, dass die Rücknahme dieser Veränderungen auch jede... Vorliebe, die Sie für einen von uns haben, rückgängig macht. Ich bezweifle, dass Sie mich hinterher noch 'mögen' werden."

Jim schaute auf die Straße. Dann schaute er zurück zu Spock. Dann schaute er wieder auf die Straße.

Nein. Auf keinen Fall.

Es konnte nicht so einfach sein, oder? Aber... er hatte nicht so einen starken Einfluss auf Spock. Nicht so stark, dass die Vorstellung, Jim könnte ihn nicht mehr mögen, ihn so traurig machen könnte.

Andererseits wusste er, dass Spock nicht viele Freunde hatte. Vielleicht war es eine Kombination verschiedener Dinge? Denn wenn es nur die Vorstellung von seiner Abneigung war, die Spock so erschütterte, denn wusste er nicht recht, was er damit anfangen sollte oder mit der Art, wie sein Herz sich anfühlte, als würde es sich direkt durch seinen Brustkorb hämmern und auf dem Armaturenbrett landen.

"Hey", sagte er "Ich mochte Sie anfangs nicht."

Vielleicht war das nicht der beste Start. Zumindest hatte Spock ein Auge aufgerissen, um ihn anzuschauen und Jim entschied hastig, sich ein wenig besser zu erklären. "Ich meine, wenn ich Sie automatisch mögen würde, weil das andere Sie mich - ich weiß nicht - anders gemacht hat und freundlich zu Ihnen und so ein Zeug, hätte das dann nicht gleich angefangen, nachdem ich Delta Vega verlassen habe?", argumentierte er und zwang seine Aufmerksamkeit einen Moment lang wieder auf den Verkehr, um zu verhindern, dass sie in ein anderes Auto krachten. "Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, Spock, aber ich kam nicht gerade angelaufen und habe Sie umarmt."

Eine angespannte Stille breitete sich im Auto aus. Jim bewegte sich unruhig hin und her, als ihn plötzlich das gedankliche Bild überfiel, wie er seine Arme um Spock schlang.

"Wie auch immer," fuhr er fort und zwang den Tiger der unwillkommenen Anziehungskraft zurück in seinen Käfig. "Ich glaube nicht, dass ich plötzlich aufhören werde, Sie zu mögen... Kumpel." Das letzte Wort war ungeschickt hinterher geschoben - der energische Versuch, eine Art Barriere zwischen ihm selbst und den unbestreitbaren Gefühlen in seinen Worten aufzubauen.

Er zuckte zusammen. Verdammt. All diese Gerede vom "Mögen" anderer Leute führte dazu, dass er sich wie in der dritten Klasse fühlte, wo Judith Anne ihn frage, ob er sie "richtig mögen" würde.

Zumindest damals war die Antwort ein empathisches "Nein." gewesen.

Spocks Hände verkrampften und lockerten sich kurz hintereinander. Aber das war eine Zeit lang die einzige Reaktion, die von ihm kam. Verblüfft dachte Jim, dass es wohl das beste wäre, wenn er ihn an diesem Punkt in Ruhe ließe. Er hoffte, dass er sich eben nicht zum Idioten gemacht hatte und schaltete das Radio an.

Er war noch nie eine besonders musikalische Person gewesen. Aber Spock war es. So suchte er einen Sender heraus, der diese langen, langweiligen Instrumentalstücke spielte, die Genies angeblich bevorzugen und konzentrierte sich aufs Fahren. Unglücklicherweise war das Navi außer Betrieb und so musste er sich mehr als bisher umschauen und orientieren. Eine interne Litanei über seinen lausigen Orientierungssinn begann. Den brauchte man nicht im Weltraum, dort war das eine rein akademische Frage. Aber auf den verzweigten Straßen des Nahverkehrs und Transits eines geschäftigen Planeten wie der Erde? Das war eine ganz andere Geschichte.

"Nicht nach links abbiegen," sagte Spock plötzlich und Jim erschrak fast zu Tode, bevor seine Bewegungen dem sanft vorgebrachten Vorschlag folgten.

Er schaute zu seinem Ersten Offizier hinüber. Spock saß nun wieder aufrecht und sah gefasster aus, obwohl er im Großen und Ganzen noch immer sehr verzagt wirkte. "Wir wären gezwungen, noch eine Runde im Kreis zu fahren, wenn Sie es täten. Bleiben Sie auf dieser Straße."

Gut. Er hatte die Karte gelesen und er hatte das perfekte Gedächtnis. Jim zuckte mit den Schultern und folgte ihm.

"Wie fühl... äh, wie nicht-fühlen Sie sich?" fragte er, sich schnell korrigierend. Er glaubte, ein schwaches Zucken an Spocks Mundwickeln zu entdecken.

"Meine Gefühle bereiten mir große Unannehmlichkeiten," räumte er ein. "Es ist... unerfreulich. Ich finde es zwingend notwendig, dass ich meine Selbstkontrolle so schnell wie möglich wieder erlange."

Jim widerstand dem Drang zu schnauben. "Ja, ja, ich weiß das alles.", sagte er. "Ich meine, gerade jetzt. Sind Sie," er unterbrach sich kurz, um eine vage Handbewegung zu machen "OK?"

Für eine Weile herrschte eine sehr bedeutungsvolle Stille.

"... Nein." Spocks Stimme war so leise, fast beschämt, und sie klang müde.

Es fühlte sich an, als wenn jemand Jim in den Magen geboxt hätte.

Ihm fiel nichts ein, was er dazu sagen konnte. Spock war nicht in Ordnung, sie beide wussten es. Aber der Halb-Vulkanier hatte seine gewohnte Selbstbeherrschung nach und nach wiedererlangt und Jim fuhr weiter. Er kämpfte mit sich, ob er ihm den Freiraum geben sollte, den er brauchte oder versuchen sollte, ihn zu beruhigen, was bis jetzt nicht funktioniert hatte.

"Es wird mir wieder besser gehen," behauptete Spock schließlich, als ob er Jims Gedanken lesen konnte. Oder vielleicht hatte er einfach die wiederholten, besorgten Blicke bemerkt, die ihn trafen. "Sie sollten Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten."

Es kam Jim in den Sinn, dass die häufigen Blicke dazu führten, dass sein Freund sich unbehaglich fühlte. Er zwang sich, damit aufzuhören. Für den Rest der Fahrt redeten sie nicht mehr, außer wenn Spock ihm die Richtung ansagte oder ihn daran hinderte, sich zu verfahren.

Sie kamen frühzeitig an, wie es Jim versprochen hatte, auch wenn es ohne Shuttle noch immer eine viel längere Fahrt gewesen war. Das Sonnenlicht begann gerade erst zu schwinden, als die Gegend vertrauter wurde und sie sich dem hektischen Verkehrsknotenpunkt San Francisco näherten. Etwas in Spock schien sich zu lösen, als sie in den Bereich bekannter Orientierungspunkte kamen - eine Leichtigkeit, entstanden durch den Trost, an einem Ort zu sein, den man kennt. Er vermutete, dass es nicht mehr viele bekannte Plätze gab, zu denen Spock zurückkehren konnte.

"Hey, wollen Sie etwas mit mir unternehmen?", bot er an. "Ich kenne viele gute Plätze..." seine Worte verhallten, als ihm einfiel, dass die meisten ihm bekannten 'Plätze' wahrscheinlich nicht für einen Vulkanier mit emotionalen Problemen geeignet waren.

Spock sah ihn geduldig an. "Ich glaube, es wäre klüger, meine Zeit mit Erholung und Meditation zu verbringen.", erörterte er.

"Richtig," stimmte Jim mit einem unbehaglichen Nicken zu. Dann räusperte er sich. "So, äh... möchten Sie Gesellschaft haben? Beim Meditieren?" Er zuckte zusammen. Großartig - die Frage war nicht nur dumm und konnte leicht als 'Ach komm schon' (Anmache, Anmachspruch) interpretiert werden, sondern er hatte nicht mal vorgehabt, sie auszusprechen. Es war einfach aus ihm rausgeplatzt.

"Das wäre nicht ratsam," antwortete Spock. Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. "Jim, Sie verstehen sicher, dass wir lieber den Umgang miteinander vermeiden sollten? Wenn mein anderes Ich an Ihnen herumgepfuscht hat, könnte meine Anwesenheit logischerweise solche Veränderungen verschlimmern."

Es trat eine Pause ein und seine Worte sanken in den Raum zwischen ihnen.

Jim blickte ihn an.

"Versuchen Sie mich loszuwerden?", fragte er. Spocks Augen weiteten sich ein wenig. "Dann brauchen Sie nicht nach passenden Entschuldigungen zu suchen, um mir zu sagen, dass ich mich verpissen soll. Wenn Sie meine Gesellschaft nicht mögen, sagen Sie es einfach." Seine Finger umschlossen fest das Lenkrad, was seinen Ärger zeigte. Aber vor allem war er genervt.

"Das ist nicht das Problem," beharrte Spock. "Ich versuche nur zu verhindern, dass Sie verletzt werden."

Nun wurde er ein wenig sauer. Er konnte sich nicht helfen - es war verletzend, dass Spock zu denken schien, er könnte ihn problemlos in kleine Stücke schlagen. Ob es nun wirklich der Wahrheit entsprach oder nicht. "Oh, ich verstehe," sagte er und kämpfte darum, dass seine Genervtheit nicht in richtige Wut umschlug. Aber er konnte eine gewisse Schärfe nicht aus seiner Stimme halten. "Sie denken, ich kann mich nicht um mich selbst kümmern. Oder vielleicht kann ich nicht für mich selbst denken, ich nehme an, das macht Sinn - ich bin ja nur ein Mensch, letzten Endes. Kein scharfer vulkanischer Verstand, oder stählerner vulkanischer Griff, der mir aus Schwierigkeiten raushilft, wenn etwas passiert, richtig? Neeein, ich muss mich bewaffnen und wegbleiben und werde von einem alten Mann in einer Höhle durcheinander gebracht."

"Jim-"

"Nein, ich habe genug von dem Scheiß!", beharrte er, Spock sofort unterbrechend. "Wenn Sie mich nicht um sich herum haben wollen, fein. Sagen Sie es und ich bin weg. Aber solange das nicht der Fall ist, können wir wenigstens genug Scheiß-Vertrauen in mich setzen, dass ich meinen eigenen Verstand kenne und meine eigenen Entscheidungen treffen kann und wenn ich Zeit mit Ihnen verbringen will, verdammt nochmal, dann weil ich Zeit mit Ihnen verbringen will?"

Das war vermutlich mehr Gebrüll, als er an Spock richten sollte. Besonders unter Berücksichtigung all der Faktoren und des ganzen "Lass mich ihn nicht verärgern"-Beschlusses, zu dem er vor einer Weile gekommen war. Aber verdammt, es hatte sich gut angefühlt, das mal rauszulassen. In Wirklichkeit hatte Jim nicht das Selbstvertrauen, das erforderlich war, um diese Art emotionales Ping-Pong zu spielen - nicht, wenn es darauf ankam.

"Es gibt keinen logischen Grund für Sie, meine Gesellschaft zu genießen" antwortete Spock, eher ruhig und müde als ärgerlich. "Aber es gibt viele logische Gründe für Sie, sie zu vermeiden."

Jim sah ihn lange an.

"Ist Ihnen bewusst, " fragte er nach einer Minute, "wie irre das klingt?"

Spock blinzelte. Jim fuhr fort.

"Sie versuchen, vulkanische Logik auf eine menschliche emotionale Reaktion zu übertragen. Vulkanische Logik basiert auf der Annahme, dass Emotionen kein entscheidender Faktor sind. Aber ich unterdrücke meine Gefühle nicht." Gut, jedenfalls die meisten. "Daher wäre es dumm für mich, so zu denken." Dann, als Zugabe, ergänzte er: "Sie sind Wissenschaftler. Sie wissen, dass wenn man relevante Faktoren aus einer Gleichung weglässt, die Ergebnisse fehlerhaft sein werden."

Eine nachdenkliche Stille senkte sich über sie.

Nun, da er Dampf abgelassen hatte, fühlte sich Jim ein wenig erleichtert, trotz seiner Besorgnis, alles vermasselt zu haben. Spock schwieg. Er sah nicht mal aus dem Fenster, als Jim sie näher an das Zentrum aus Kommerz, Unterkünften und Betriebsamkeit brachte, welches das Hauptquartier der Sternenflotte umgab. Sein Blick verharrte fest und nachdenklich auf den eigenen Händen, selbst als sie ach so vertraute Straßen hinunterfuhren.

Erst als sie mit der unerfreulichen Aufgabe begannen, einen passenden Parkplatz in der Nähe der Akademiegebäude zu suchen, schien Spock in die Realität zurückzukehren und dann auch nur, um seine scharfe Beobachtungsgabe als Einparkhilfe zu nutzen. Jim versuchte, nicht zu nervös zu sein wegen der ganzen Sache. Er hatte nicht viel Erfolg damit.

Als sie schließlich einen passenden Platz fanden und er den Motor ausgeschaltet hatte, lehnte sich Jim zurück und blieb einfach noch ein wenig sitzen. Seine Kehle war trocken und fühlte sich unangenehm an, obwohl sie einige Male auf dem Weg angehalten hatten, um ihn zu rehydrieren. Vermutlich lag es an all seinem Gerede.

Er sprang fast auf vor Schreck, als Spocks Hand sich auf seinen Arm legte. "Ich habe nichts gegen Ihre Gesellschaft einzuwenden.", sagte er einfach und zog die Berührung so schnell zurück, wie er sie gewährt hatte. Jim schluckte hart und öffnete seinen Mund, um zu antworten, aber Spock hatte das Auto schon verlassen. Schnell stieg er ebenfalls aus. Die dunklen Augen seines Ersten Offiziers blickten kurz in seine Richtung, bevor er sich zum Hauptgebäude begab, das immer noch von den Aktivitäten der Studenten und Sternenflottenangestellten überquoll. Jim schloss zu ihm auf und passte sein Tempo an, so dass sie im Gleichschritt gingen.

"Also, das ist alles?" fragte er. "Einfach nur - keine Einwände?"

Spock sah ihn an und Jim machte einen Versuch, die Stimmung aufzulockern. "Weil, ich meine, man hat von Leuten gehört, die um meine Gesellschaft gekämpft haben." führte er aus und legte ein wenig Stolz in seine Schritte und ein arrogantes Grinsen auf sein Gesicht. "Meistens Frauen und meistens in Schlammgruben, aber es gab ein paar Ausnahmen."

Hoch ging die Augenbraue.

Ha! Sieg! Dachte Jim. Endlich hatte er etwas anderes als niedergeschlagene Trübsal oder erzwungene Neutralität bewirkt. Sein Grinsen verstärkte sich.

"Ich meine, nur damit Sie Bescheid wissen: Sie werden wahrscheinlich an einem bestimmten Punkt gegen Bones antreten müssen. Er hat seit langer Zeit ein Monopol an der ganzen "Bester-Freund"-Front. Ich glaube nicht, dass er mich teilen wird - es ist eine gute Stellung."

Obwohl es bessere Stellungen gibt, führte seine Libido nicht sehr hilfreich an. Er stolperte fast.

"Ich habe nicht die Absicht, mit Dr. McCoy zu kämpfen." antwortete Spock, wobei er fröhlicher aussah als seit einer ganzen Weile. "Er ist ein intelligenter Mann mit Hochachtung gegenüber der physischen Gesundheit. Ich denke, dass er aufgeben wird, bevor es dazu kommt."

Dieses Mal stolperte Jim wirklich.

Glücklicherweise schloss sich eine Hand um seinen Arm, fing ihn auf, bevor er zu Boden ging und zog ihn geschickt wieder auf die Füße. Die einzige wirkliche Konsequenz war, dass ihm kurz die Luft weg blieb. Dann sah er auf und fand Spock dicht neben sich stehend und ihn aufmerksam musternd.

"Unbeholfenheit ist untypisch für Sie," bemerkte Spock ernst. "Ihnen ist immer noch unwohl."

"Mir geht es gut.", behauptete Jim.

"Tut es nicht." entgegnete sein Erster Offizier hartnäckig.

"Ich bin gestolpert! Sowas passiert!"

"Ich habe Ihre Bewegungen vorher beobachtet. Sie haben eine gute Koordination," sagte Spock, der nicht gewillt war nachzugeben, obgleich er Jims Arm losgelassen hatte. "Wir werden uns Zimmer nehmen, ich empfehle Ihnen, sich auszuruhen."

Ein wenig murrend folgte ihm Jim, als er wieder weiterging und ignorierte dabei die neugierigen Blicke und gelegentliches Geflüster der Passanten. Zumindest hier an der Akademie und im Hauptquartier erkannten die Leute Spock in dem Maße an, wie sie es bei ihm selbst taten. Und sie wussten es besser, als sie beide anzusprechen.

Sobald sie drinnen ankamen, wies Spock Jim an sich hinzusetzen, während er die nötigen Formalitäten erledigte. Die Sternenflotte bot allen Offizieren, die sich auf der Erde aufhielten, [Earthbound officers] Unterkünfte in ihren Einrichtungen an, aber es konnte beengt werden, besonders wenn ein großes Schiff wie die Enterprise landete. Manchmal dauerte es eine Weile, bis alles geregelt war. Obwohl er es nicht zugegeben hätte, war Jim in gewisser Weise dankbar, der Eintönigkeit dieser Dinge zu entgehen, sogar Herumsitzen schien viel besser als das. Er hatte gedacht, er sei nicht müde, aber als er erst einmal entspannt und ruhig war, mit nichts, das seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, da begann er sich schwer und erschöpft zu fühlen. War es wirklich an diesem Morgen gewesen, dass er einige Male vergiftet worden war? Es fühlte sich an, als wäre es ein Jahrzehnt her.

Er lehnte sich in die weichen Polster des Sessels, atmete tief durch und ließ seine Augen zufallen. Morgen früh musste er wieder die Fortschritte auf dem Schiff kontrollieren. Vielleicht konnte er das auf regulärem Weg umgehen, indem er einfach Scotty kontaktierte - er wusste, dass der junge Ingenieur die Abläufe genauer überwachen würde als irgend jemand sonst. Aus irgendeinem Grund hatte er ein großes persönliches Interesse an der Enterprise entwickelt. Nicht, dass Jim sich beschweren würde, der Typ war ein Genie und außerdem lustig, wenn er betrunken war.

Seine Gedanken schweiften für eine Weile ab und er schwebte an der Grenze des Bewusstseins, nicht recht willens, einfach einzuschlafen, wo er gerade saß. Aber er war nahe genug dran. Es war nicht gerade sehr angenehm. Sein Verstand wurde von der Müdigkeit zerlegt, aber es war ihm zu peinlich, so in der Öffentlichkeit einzuschlafen.

"Jim," hörte er schließlich und kämpfte sich aus dem Halbschlaf hoch. Er sah Spock, der auf ihn hinunterschaute, die Augenbrauen zusammengezogen. "Ich habe uns eine Unterkunft beschafft. Wir wurden gebeten, uns eine zu teilen, entschuldigen Sie bitte."

Jim winkte ab, stand auf und strich sich mit einer Hand verschlafen über das Gesicht. "Das stört mich nicht.", versicherte er ihm.

Jetzt, wo er es sich erlaubt hatte zu entspannen, schien er sein vorheriges Niveau der Wachheit nicht wieder erreichen zu können. So folgte er einfach Spock, der nun seinerseits anfing, besorgte Blicke in seine Richtung zu schicken.

"Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Brauchen Sie keine medizinische Hilfe?" fragte Spock schließlich und stand näher bei ihm, als er es im allgemeinen tat. Jim winkte ab.

"Ich bin OK." versicherte er. "Nur erschöpft."

Glücklicherweise schien sein sein Erster Offizier diese Versicherung zu akzeptieren. Jim wollte sich nicht einmal vorstellen, wie es wäre, jetzt noch mehr Ärzte ertragen zu müssen. Als sie ihre Unterkunft erreicht hatten, war er ziemlich erleichtert und nahm sich die Zeit, sich ein Glas Wasser zu holen, bevor er irgend etwas anderes tat.

Die Räume waren Standard, nicht vollkommen anders als die, die man auf Schiffen der Sternenflotte vorfindet. Es gab einen Raumteiler, der zwei schmale Betten voneinander trennte, ein winziges Bad und ein Wohnzimmer mit einem Tisch und ein paar Sesseln. Ein langes, ovales Fenster zog sich über eine Wand und ein paar Grünpflanzen standen herum, aber ansonsten hatte dieser Ort absolut keine Persönlichkeit. Typischer Regulierungskram (vorschriftsgerechter Kram), doch auf eine Weise vertraut, die ihn seine Kabine auf der Enterprise vermissen ließ. Es würde schön sein, dorthin zurückzukehren.

Er leerte sein Glas und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Spock seine Tasche auf den Tisch stellte und anfing, alles durchzugehen. "Ich werde meditieren, während Sie sich ausruhen. Bitte informieren Sie mich, wenn ich Sie störe." sagte er.

"Das Gleiche gilt für Sie.", antwortete Jim, der von dem älteren Spock wusste, dass sogar seine Atemgeräusche ablenkend sein konnten, unter den richtigen Umständen. Er zog schnell eine Schlafanzughose an, unglaublich verlegen, sich im selben Raum wie sein Erster Offizier umzuziehen - obwohl Spock sogar praktischerweise in eine andere Richtung schaute - und fiel dann auf eines der schmalen, harten Standardbetten. Er schloss seine Augen, atmete tief durch und erwartete, sofort einzuschlafen.

Aber er tat es nicht. Nicht ganz. Stattdessen riss er ein Auge auf und beobachtete, wie Spock seine Kerzen anzündete und sie in der Unterkunft aufstellte, das Licht dimmte und sich der sanfte Schein des Feuers überall ausbreitete. Dann ging er zu der anderen Seite des Raums, [u)setzte sich hin, die Beine verschränkend und die Hände ineinander verpflechtend[/u], (setzte sich im Schneidersitz hin und verflocht die Hände inaeinander), so dass seine Zeigefinger und Daumen sich berührten. Sie waren ausgestreckt, während die übrigen Finger sich umschlangen. Jim erkannte die Anordnung wieder, obwohl er sich nicht erinnern konnte, was sie symbolisieren sollte oder wusste, warum Spock diese statt einer anderen auswählte.

Der angenehme, rauchige Duft der Kerzen drang in seine Nase und war seltsam beruhigend. Er nahm an, dass er nun verstehen konnte, wofür sie dienten. Der andere Spock hatte auch erwähnt, dass er gern in der Nähe von Springbrunnen meditierte.

Der Gedanke an den anderen Spock ließ ihn kurz frösteln. Er würde ihm eine weitere Nachricht schicken müssen. Obwohl er im Gegensatz zum jüngeren Spock nicht bereit war, einfach anzunehmen, dass der alte Mann mit Lügen nur so um sich warf, wollte er doch wissen, warum er getäuscht worden war.

Obwohl er nicht wusste, ob er in der Lage war, eine Frage wie 'He, könnte es eventuell sein, dass Sie mir eine neue Persönlichkeit verpasst haben?' zu bringen. Vielleicht überließ er dieses Mal lieber Spock dem Jüngeren das Feld, zumal es vor allem dessen verrückte Theorie war. Tatsächlich erschien ihm der Gedanke, die beiden miteinander sprechen zu lassen, als eine immer bessere Idee. Vorausgesetzt, sein Spock war bereit, die Worte des Älteren für bare Münze zu nehmen.

He, mein Spock, dachte er schläfrig, amüsiert darüber, das Possessivpronomen benutzt zu haben. Dann gab er sich eine gedankliche Backpfeife. Er musste wirklich damit aufhören. Vielleicht sollte er einfach noch mal mit jemand anderem schlafen? Er hatte bereits versucht, es aus seinem System rauszukriegen, aber er musste zugeben, dass das nicht gerade der beste Sex seines Lebens gewesen war. Nicht, dass er viel darauf gab. Es wird nachlassen, versicherte er sich selbst. Bestimmt würde der Punkt kommen, wo er es so gewöhnt war, Spock zu sehen, dass er nicht mal mehr an seine physische Beschaffenheit denken würde.

Allerdings arbeiteten sie seit Monaten zusammen und hatten kürzlich noch mehr Zeit miteinander verbracht...

Er hielt inne und bewegte sich etwas unter seine Decke, während er darüber nachdachte. Demnach sollte er eigentlich schon an Spock gewöhnt sein. Außer er war sich erst kürzlich Spocks bewusst geworden, was sehr seltsam wäre, entschied er, weil er normalerweise als erstes die Attraktivität einer Person bemerkte und später dann alles andere. Wie mit Uhura - damals in der Bar war sie ein hübsches Mädchen. Aber nun war sie Uhura und daher war sie nicht länger an erster und wichtigster Stelle ein hübsches Mädchen, obwohl sich an ihrem Aussehen nichts geändert hatte. Jim kannte sie nun besser und so hatte sein Interesse an ihrer Attraktivität die Koffer gepackt und sich davongemacht.

Bei Spock dagegen war es so, dass er ihn erst kennengelernt hatte und dann begann, ihn attraktiv zu finden.

Also was zum Teufel hatte das zu bedeuten?

... Nein ernsthaft, was zum Teufel? Das war ja wie im Verkehrte-Welt-Wahnsinn.

Nun, da ihn etliche Fragen quälten, die ihn nicht mehr loslassen wollten, sah sich Jim nicht in der Lage, seinen Verstand soweit runterzufahren, dass er ihn schlafen ließ. So streckte er sich müde in einem seltsamen, aber bequemen Winkel aus und begnügte sich damit, Spock beim Meditieren zuzuschauen. Was im wesentlichen einfach nur bedeutete, Spock ruhig dasitzen zu sehen. Trotzdem war es irgendwie angenehm, sich im selben Raum zu entspannen, ruhig und friedlich. Seine Atmung wurde gleichmäßiger und er überlegte, was wohl gerade im Kopf seines Ersten Offiziers vor sich ging.

Gewöhnlich war der erste Schritt, die Gedanken und Gefühle das Tages zusammenzutragen, sowie zu beurteilen, was seine Schilde durchbrochen hatte, woher es kam und es dann ruhig in eine abgelegene Ecke seines Geistes zu packen. Er würde sich auf etwas fokussieren - früher Vulkan, nun wahrscheinlich die Erde - eine stabile Form, ein Anker für sein Bewusstsein. Dann würde er seine physische Analyse durchführen, den Status seines Körpers überprüfen, seine Muskeln und Organe und die Unzahl komplexer physischer Prozesse, die jedes Lebewesen aufwies. Jim fragte sich, wie es war, sich seiner selbst so bewusst zu sein. Er stellte es sich ein wenig gruselig vor, aber andererseits war es normal für Vulkanier. Vielleicht fand es Spocks menschliche Hälfte ein wenig gruselig, aber wurde von seinen vulkanischen Wesensanteilen überstimmt?

Er bemerkte, wie seine Augen anfingen zuzufallen. Wahrscheinlicher war, dass er sich einfach daran gewöhnt hatte. Auf eine gewisse Art, mal abgesehen von dem Gruselfaktor, war es bestimmt auch irgendwie beruhigend. Diesen Grad an Kontrolle zu besitzen. Diesen Grad an Einsicht in sich selbst.

Doch andererseits setzte das einen recht hohen Standard. Was tat man, wenn der Verlust der eigenen Kontrolle einem Angst einjagte, aber diese Angst wiederum ein Zeichen des Kontrollverlusts war? Jim persönlich hatte nichts gegen Emotionen. Wenn Spock sich entschieden hätte, dass er sich nicht mehr so sehr an die Standards seines Volks halten wollte, es würde ihn nicht stören - tatsächlich würde er ihn dabei sogar unterstützen. Aber das war nicht die Frage, oder? Wenn er seine Kontrolle verlor, dann war es genau das. Ein Verlust der Kontrolle. Er war nicht mehr er selbst. Er tat Dinge, die er normalerweise nicht tun würde, wenn er die Willenskraft gehabt hätte, seine Emotionen auszuschalten und das, dachte Jim, war ein wichtiger Punkt (das Entscheidende). Spocks Wille - Gefühle oder keine (hin oder her).

Ich denke zu viel, entschied er und gab endlich dem Drängen seines Körpers nach und fiel trotz der frühen Stunde in einen anständigen Nachtschlaf.

Als er aufwachte, lag ein Phaser auf dem Nachttisch neben ihm.
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